agbau 04.2016 - page 31

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Recht
Seit Jahren sind Arbeitnehmer im Schnitt
neun Tage im Jahr arbeitsunfähig erkrankt.
Neben diesen eher wenigen Krankheitstagen
gibt es auch Arbeitnehmer, die längere Zeit
krankgeschrieben sind. Für diese Personen
stellt sich oftmals die Frage, was mit ihren
Urlaubsansprüchen passiert, die während der
Krankheit entstehen. Können diese Ansprü-
che in Geld ausbezahlt werden? Diese Frage
hat vor Kurzem das Arbeitsgericht (ArbG)
Hamburg in einem aktuellen Urteil entschie-
den.
Ein Mann war seit 16.06.1994 bei einer Ree-
derei angestellt, nachdem er dort als See-
mann – im wahrsten Sinne des Wortes – an-
geheuert hatte. Er war seit dem 24.10.2012
arbeitsunfähig erkrankt und daher krankge-
schrieben. Seit dem 01.05.2013 bezog er
eine Erwerbsminderungsrente auf Zeit. Zum
31.05.2015 wurde das Arbeitsverhältnis be-
endet und er erhielt eine dauerhafte Erwerbs-
minderungsrente.
Mit einem Schreiben wandte sich der Mann
am 18.08.2015 an seinen ehemaligen Ar-
beitgeber mit der Bitte die Urlaubsabrech-
nungen zu überprüfen, da während seiner
Krankheit Urlaubstage aufgelaufen sein müs-
sen, die jedoch bisher nicht abgegolten wur-
den. Die Reederei antwortete mit Schreiben
vom 17.09.2015, dass er keinen offenen
Urlaubsanspruch hat, der abgegolten werden
muss.
Dies wollte der Mann nicht akzeptieren und
reichte Klage beim ArbG Hamburg ein – mit
Erfolg. Die Richter stellten in ihrem Urteil fest,
Länger krank – Anspruch auf Urlaubsabgeltung
dass der Kläger gegen seinen ehemaligen
Arbeitgeber einen gesetzlichen Anspruch auf
Zahlung einer Urlaubsabgeltung für 34 Tage
in Höhe von 5.233,28 Euro hat.
Für das Bestehen eines Urlaubsanspruchs ist
nur das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses
Voraussetzung. Bedingungen, insbesondere
dass tatsächlich eine Arbeitsleistung erbracht
wird, existieren nicht. So entsteht ein Ur-
laubsanspruch auch, wenn der Arbeitnehmer
arbeitsunfähig erkrankt ist oder wenn er eine
Erwerbsminderungsrente bezieht.
Der Urlaubsanspruch ist auch nicht verfal-
len. Nach § 7 Abs. 3 Bundesurlaubsgesetz
(BUrlG) muss der Urlaub im laufenden Ka-
lenderjahr genommen werden, außer es spre-
chen dringende Gründe in der Person des
Arbeitnehmers dagegen. Da der Mann aber
arbeitsunfähig erkrankt war, wäre der An-
spruch erst am 31.03.2016 erloschen. Somit
war der Urlaubsanspruch zum Zeitpunkt der
Klage nicht verfallen.
Die Richter entschieden zugunsten des Klä-
gers und sprachen ihm einen Urlaubsabgel-
tungsanspruch für 34 Urlaubstage in Höhe
von 5.233,28 Euro zu, die ihm sein ehemali-
ger Arbeitgeber auszahlen muss.
Fazit
Kann man wegen Krankheit nicht arbeiten, so
entstehen trotzdem Urlaubsansprüche.
(ArbG Hamburg, Urteil v. 10.05.2016, Az.:
S 1 Ca 272/15)
Quelle: anwalt.de
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