agbau 04.2016 - page 28

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Recht
Arbeitsschutz vernachlässigt – Arbeitgeber haften
Weniger Arbeitssicherheit für mehr Profit:
Besonders drastisch zeigt das der tödliche
Arbeitsunfall eines Auszubildenden. Dem
Landgericht (LG) Osnabrück zufolge starb
der junge Mann, weil die Geschäftsleitung
Sicherheitsvorrichtungen an einer Maschine
abbauen ließ, damit diese weniger Ausschuss
produzierte. Zwei Geschäftsführer, der Pro-
duktionsleiter, ein Instandhalter und ein Mitar-
beiter der Gewerbeaufsicht erhielten deshalb
Haft- sowie Geldstrafen. Ein dritter Geschäfts-
führer muss ein Bußgeld zahlen.
Sicherheitsvorrichtung bewusst aus Kosten-
gründen entfernt
Der Betrieb, in dem sich der Unfall ereig-
nete, veredelt Glas für den Gebäude- und
Schiffsbau. Zum Einsatz kommen dabei unter
anderem CNC-gesteuerte Kantenschleifma-
schinen. Diese verfügen normalerweise über
Lichtschranken, die, sobald jemand in den
Gefahrenbereich gerät, die Maschinen ab-
schalten.
Eine solche Notabschaltung bedeutet aber
auch jedes Mal, dass das gerade bearbeitete
Werkstück unbrauchbar wird. Aus Kosten-
gründen sollen die Maschinen daher Zeugen
zufolge bereits seit 2006 auf Anordnung
der Geschäftsleitung ohne die herstellerseits
vorgesehene Sicherheitsvorrichtung im Un-
ternehmen gelaufen sein. Im Juli 2010 wurde
ein 19-jähriger Lehrling an Kopf und Schultern
in einer der Maschinen eingequetscht und
starb später an den Verletzungen. Dem LG
Osnabrück zufolge hätte eine vorhandene
Sicherheitsvorrichtung den tödlichen Arbeits-
unfall mit Sicherheit verhindert. Das Urteil fiel
in der Berufung.
Fahrlässige Tötung, verletzte Aufsichtspflicht
und versuchte Strafvereitelung
Wegen fahrlässiger Tötung erhielten die bei-
den Firmenchefs je sechs Monate Freiheits-
strafe auf Bewährung verbunden mit einer
Geldauflage von 100.000 Euro. Ein weiterer
Geschäftsführer muss 10.000 Euro Bußgeld
zahlen. Denn er hatte als Mitbetriebsinhaber
seine Aufsichtspflicht verletzt. Eine Geldstrafe
wegen fahrlässiger Tötung erhält voraussicht-
lich auch der Produktionsleiter. Er hatte den
Azubi alleine an der Maschine arbeiten las-
sen, obwohl er von der Gefahr wusste. Bei ei-
nem für die Instandhaltung der Maschine zu-
ständigen Mitarbeiter steht sie mit 3.600 Euro
fest. Er soll die Vorrichtung ausgebaut haben.
Nicht zuletzt muss ein Mitarbeiter des Gewer-
beaufsichtsamtes 9.000 Euro zahlen. Er hatte
versucht, die wahren Hintergründe zu vertu-
schen. Weil er falsche Angaben gegenüber
der Polizei und der Berufsgenossenschaft
gemacht hatte, wurde er wegen versuchter
Strafvereitelung verurteilt (LG Osnabrück, Ur-
teil v. 20.09.2013, Az.: 10 KLs 16/13).
Arbeitgeber muss Sicherheit und Gesundheits-
schutz der Beschäftigten gewährleisten
Zahlreiche Verordnungen regeln detailliert
den Arbeitsschutz, darunter, um nur einige
zu nennen, die Arbeitsstättenverordnung,
Baustellenverordnung, Betriebssicherheits-
verordnung, die Gefahrstoffverordnung,
Lastenhandhabungsverordnung und Bild-
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