„Lieber würde ich die Aufträge mit meinen eigenen Mitarbeitern abwickeln,“ so Klaus M., Geschäftsführer eines mittelständischen Gerüstbauunternehmens, „aber ich finde einfach nicht genug Mitarbeiter. Also bleibt mir nur der Einsatz von Nachunternehmern, auch wenn ich dabei nicht immer ein gutes Gefühl habe.“
So wie diesem Betrieb geht es in Deutschland vielen Gerüstbauunternehmen. Der Fachkräftemangel ist in Deutschland zu einem Problem geworden, das für viele Unternehmen zunehmend herausfordernd wird. Der Ausweg: Nachunternehmer*innen. Aber: Welche Risiken entstehen daraus?
Unternehmer*innen des Baugewerbes, die andere Unternehmer*innen mit der Erbringung von Bauleistungen beauftragen, haften für die Zahlung von Sozialversicherungsbeiträgen dieser Unternehmer*innen. So sieht es das Sozialgesetzbuch vor. Voraussetzung ist, dass der Gesamtwert der in Auftrag gegebenen Leistungen den Betrag von 275 T€ übersteigt. Hierbei sind alle mit einem Bauwerk zusammenhängenden Arbeiten sämtlicher Gewerke zusammenzurechnen, also nicht nur der Auftragswert des Gerüstbauunternehmens. Die für den Beitragseinzug zuständige Krankenkasse oder Berufsgenossenschaft kann sich zur Erhebung der Sozialversicherungsbeiträge allerdings nicht direkt an den/die Auftraggeber*in wenden. Sie muss zuvor den/die eigentliche/n Beitragsschuldner*in, den/die Nachunternehmer*in, in Anspruch nehmen und mindestens abmahnen. Erst nach Ablauf der Mahnfrist kann der/die Auftraggeber*in in Anspruch genommen werden.
Für Auftraggeber*innen entfällt die Haftung für die Sozialversicherungsbeiträge, wenn sie nachweisen, dass sie ohne eigenes Verschulden davon ausgehen konnten, dass der/die Nachunternehmer* in seine/ihre Zahlungspflicht erfüllt. Dies ist immer dann der Fall, wenn • der/die Nachunternehmer*in eine Präqualifikation nach der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen nachweist, oder • der/die Nachunternehmer*in Unbedenklichkeitsbescheinigungen (UB) der Einzugsstellen (Krankenkasse und Berufsgenossenschaft) vorlegt. Diese Unbedenklichkeitsbescheinigungen bestätigen die ordnungsgemäße Zahlung der Sozialversicherungsbeiträge sowie die Zahl der gemeldeten Beschäftigten. In der UB der Berufsgenossenschaft werden zusätzlich die eingetragenen Unternehmensteile und die auf diese entfallenden Lohnsummen bescheinigt.
Die Haftung für die Urlaubskassenbeiträge ist hingegen verschuldensunabhängig: Ein/e Unternehmer*in haftet nach § 13 des Mindestlohngesetzes und nach § 14 des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes, wenn der/die von ihm/ihr beauftragte Nachunternehmer*in die Mindestarbeitsbedingungen nicht gewährt. Zu den Mindestarbeitsbedingungen gehören u. a. der gesetzliche und der tarifliche Mindestlohn und die Teilnahme am Urlaubskassenverfahren.
Die SOKA GERÜSTBAU kann sich daher an den/die Auftraggeber*in wenden, um ihren Anspruch auf den Urlaubskassenbeitrag durchzusetzen. Dies gilt auch, wenn Nachunternehmer*innen weitere Nachunternehmer*innen einsetzen (sogenannte Nachunternehmerketten). Diese Nachunternehmerhaftung gilt unabhängig davon, ob es sich um Nachunternehmer*innen mit Sitz im Inland oder um Betriebe mit Sitz im Ausland handelt, die ihre Arbeitnehmer*innen auf Baustellen in Deutschland einsetzen. Ebenso gilt, dass sich Arbeitnehmer*innen von Nachunternehmer*innen, die von diesen nicht den Mindestlohn erhalten, zur Durchsetzung ihres Anspruchs an den/die Hauptunternehmer*in wenden können.
Da Auftraggeber*innen im Hinblick auf die Mindestarbeitsbedingungen verschuldensunabhängig haften, können sie das Risiko der Haftung nicht gänzlich ausschließen, aber verringern. Dazu bieten sich – neben der sorgfältigen Auswahl von Nachunternehmer*innen – verschiedene Maßnahmen an, unter anderem:
Der Bundesverband bzw. die Bundesinnung für das Gerüstbauer-Handwerk stellt ihren Mitgliedsunternehmen Muster für Nachunternehmerverträge zur Verfügung, die diese und weitere Punkte berücksichtigen.
Die UB der SOKA GERÜSTBAU besteht aus zwei Teilen:
Die Anlage zur UB ermöglicht Unternehmer*innen eine Prüfung, ob die der SOKA GERÜSTBAU gemeldeten Daten plausibel sind: Kann der Auftrag mit den eingesetzten Arbeitnehmer*innen erfüllt werden? Sind die gemeldeten Arbeitsstunden plausibel? Sind die Arbeitnehmer*innen im Einzelfall bekannt? Sind die als Lagerarbeiter*innen gemeldeten Arbeitnehmer*innen auf der Baustelle tätig?
Sind Zweifel an einer ordnungsgemäßen Meldung bei der SOKA GERÜSTBAU angebracht, sollte die weitere Zusammenarbeit mit dem/der Nachunternehmer*in vor dem Hintergrund der möglichen Haftung hinterfragt werden.
Die SOKA GERÜSTBAU berichtet von Fällen, in denen UBs gefälscht wurden. „In jedem dieser Fälle erstatten wir Anzeige“, so Dr. Stefan Häusele, Vorstand der SOKA GERÜSTBAU, und ergänzt: „Wenn Auftraggeber Zweifel an der Echtheit einer UB haben, können sie sich an uns wenden und um einen Vergleich mit dem bei uns gespeicherten Original bitten.“
Die SOKA GERÜSTBAU kann die UB auch monatlich direkt an den/die Auftraggeber*in senden, wenn der/die Nachunternehmer*in die SOKA GERÜSTBAU dazu bevollmächtigt hat. Dann erhält der/die Auftraggeber*in die Bescheinigung direkt per E-Mail von der SOKA GERÜSTBAU, sofern alle Melde- und Zahlungspflichten erfüllt werden. Wenn die UB nicht kommt, haben Unternehmer*innen einen klaren Hinweis darauf, dass etwas nicht in Ordnung ist.
Entsprechende Vollmachten sind im Downloadbereich der SOKA GERÜSTBAU unter www.sokageruest.de/downloads unter der Überschrift Unbedenklichkeitsbescheinigung zu finden.
Fazit für Klaus M., unseren Gerüstbauunternehmer: „Mit dem Nachunternehmereinsatz sind ja doch einige Risiken verbunden. Damit muss ich mich stärker beschäftigen. Auf jeden Fall werde ich mir die regelmäßigen Bescheinigungen vorlegen lassen und diese regelmäßig prüfen.“
Quelle: Sozialkasse des Gerüstbaugewerbes
www.sogageruest.de
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