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ARBEITSSICHERHEIT

Psychische Belastungen am Arbeitsplatz

Auswirkungen auf den Arbeitsschutz und die betriebliche Gefährdungsbeurteilung

Die Gefährdungsbeurteilung ist die Grundlage für den erfolgreichen Arbeitsschutz in den Betrieben.

Die Gefährdungsbeurteilung kann kontrovers diskutiert werden, da eine Vielzahl von Faktoren wie z. B. die betrieblichen Belange, die berufsgenossenschaftlichen, und die staatlichen Vorgaben etc. berücksichtigt werden müssen.

Für diese Aufgabenstellung bieten die Berufsgenossenschaften und Unfallkassen ihren Mitgliedsbetrieben Weiterbildungsmöglichkeiten in Form von Schulungen und Beratungen durch die zuständigen Aufsichtspersonen an. Darüber hinaus werden noch zusätzlich diverse Hilfestellungen wie z. B. Handlungsanleitungen oder Mustergefährdungsbeurteilungen zur Verfügung gestellt.

In der Regel beinhalten die branchenüblichen Gefährdungsbeurteilungen die tätigkeitsbezogenen und aus der Arbeitsumgebung heraus resultierende Gefahren.

Bitte beachten Sie, dass bei nicht richtiger, nicht vollständiger oder nicht rechtzeitiger Dokumentation der Gefährdungsbeurteilung Bußgelder von den staatlichen Aufsichtsbehörden verhängt werden. Der Regelsatz des Bußgeldes für den Verstoß gegen § 3 Abs. 3 ArbStättV iVm. § 9 Abs. 1 Nr. 1 OWiG beträgt aktuell 5.000,00 Euro (siehe LV 56 Abs. 3.1 Bußgeldkatalog zur ArbStättV).

Mit der Zielsetzung, eine praktische Verbesserung für die Beschäftigten im Arbeitsschutz zu erreichen und das Arbeitsschutzsystem in Deutschland entlang des Wandels der Arbeitswelt kontinuierlich zu modernisieren, haben die Träger (Bund, Länder und die Unfallversicherungsträger), die Gemeinsame Deutsche Arbeitsschutzstrategie (GDA) ins Leben gerufen. Dadurch sollen Anreize für die Betriebe geschaffen werden, die Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten zu fördern und zu gewährleisten.

Am 27. Mai 2021 startete die 3. GDA-Periode mit einer bundesweiten Eröffnungsveranstaltung.

Um die Erreichung der gesteckten Ziele gewährleisen zu können, wurde die 3. GDA-Periode in 4 Arbeitsgruppen unterteilt. In diesem Rahmen führen alle GDA-Träger gezielte Aktionen und Maßnahmen durch und konzentrieren sich dabei auf bestimmte Schwerpunkt-Themen in festgelegten Handlungsfeldern.

 Die Arbeitsgruppen der 3. GDA-Periode gliedern sich wie folgt:
• Arbeitsgruppe Nr. 1 „Betriebsbesichtigungen“
• Arbeitsgruppe Nr. 2 „Sicherer Umgang mit krebserzeugenden Gefahrstoffen“
• Arbeitsgruppe Nr. 3 „Muskel- Skelett- Belastungen“
• Arbeitsgruppe Nr. 4 „Psyche“

Der Schwerpunkt psychische Belastungen am Arbeitsplatz wurde dadurch in den Fokus der Aufsichtsbehörden gerückt und erfordert die Erstellung einer gesonderten Gefährdungsbeur-
teilung.

Die psychische Gesundheit der Arbeitnehmer*innen gewinnt in der modernen Arbeitswelt zunehmend an Bedeutung. Psychische Belastungen am Arbeitsplatz können erhebliche Auswirkungen auf die Leistungsfähigkeit, Motivation und letztlich auch auf die Gesundheit der Beschäftigten haben.

Um diesen Herausforderungen gerecht zu werden, ist eine umfassende Betrachtung der psychischen Belastungen sowie deren Integration in den Arbeitsschutz und die Gefährdungsbeurteilung von großer Bedeutung.

In diesem Fachartikel werden die Auswirkungen dieser Periode für Unternehmer*innen im Zusammenhang mit dem Arbeitsschutz und der Erstellung bzw. Anpassung der Gefährdungsbeurteilung beleuchtet.

Psychische Belastungen wie Stress, hohe Arbeitsanforderungen, soziale Konflikte und Zeitdruck können zu ernsthaften Gesundheitsproblemen bei Mitarbeiter*innen führen. Diese Belastungen beeinträchtigen nicht nur die individuelle Leistungsfähigkeit, sondern können auch zu langfristigen psychischen Erkrankungen führen. Arbeitnehmer*innen, die unter psychischer Belastung leiden, sind häufiger von Burnout, Angstzuständen und Depressionen betroffen.

Dies hat nicht nur persönliche Konsequenzen, sondern beeinflusst auch die Produktivität und Effizienz eines Unternehmens.

Die Gemeinsame Deutsche Arbeitsschutzstrategie (GDA) ist eine wichtige Initiative, die darauf abzielt, den Arbeitsschutz in Deutschland zu verbessern. Die 3. Periode der GDA Psychische Belastungen am Arbeitsplatz legt den Fokus auf die Identifikation, Bewertung und Prävention von psychischen Belastungen in Unternehmen.

Ziel ist es, die psychische Gesundheit der Arbeitnehmer*innen zu schützen und gleichzeitig die Leistungsfähigkeit der Unternehmen zu erhalten.

Die 3. Periode GDA Psychische Belastungen am Arbeitsplatz hat direkte Auswirkungen auf Arbeitgeber*innen in Bezug auf den Arbeitsschutz und die Erstellung bzw. Anpassung der Gefährdungsbeurteilung.

Die 3. GDA-Periode soll Arbeitgeber*innen sensibilisieren und die Bedeutung psychischer Belastungen und ihre Auswirkungen auf die Arbeitsumgebung aufzeigen.

Die Arbeitgeber*innen sind aufgefordert, ein Bewusstsein für psychische Gesundheit zu entwickeln und ein positives Arbeitsumfeld zu fördern.

Die psychische Gesundheit soll in den bestehenden Arbeitsschutz integriert werden, dies erfordert eine Anpassung der Präventionsmaßnahmen und der Arbeitsplatzgestaltung, um psychische Belastungen zu reduzieren. Hierbei können Maßnahmen z. B. zur Stressbewältigung, Flexibilisierung der Arbeitszeitmodelle oder zur Unterstützung der Work-Life-Balance eine Rolle spielen.

Arbeitgeber*innen sind z. B. verpflichtet, eine Gefährdungsbeurteilung durchzuführen, um mögliche Risiken für die Gesundheit und Sicherheit der Beschäftigten zu identifizieren.

Mit der 3. Periode der GDA „Psychische Belastungen am Arbeitsplatz“ müssen psychische Risiken ebenfalls in die Gefährdungsbeurteilung einbezogen werden.

Dies erfordert eine systematische Analyse der Arbeitsbedingungen und eine Bewertung der psychischen Belastungen (siehe Tabelle).



Auf Grundlage der Gefährdungsbeurteilung sollen geeignete Präventionsmaßnahmen entwickelt und umgesetzt werden. Diese können sowohl organisatorischer als auch technischer Natur sein.

Ziel ist es, die Arbeitsbedingungen so zu gestalten, dass psychische Belastungen minimiert werden und die psychische Gesundheit der Beschäftigten gefördert wird.

Der Prozess der Prävention und Gesundheitsförderung hinsichtlich psychischer Belastungen endet nicht mit der Umsetzung von Maßnahmen. Arbeitgeber*innen müssen kontinuierlich die Wirksamkeit der getroffenen Maßnahmen überwachen und gegebenenfalls Anpassungen vornehmen, um langfristig positive Ergebnisse zu erzielen.

Der PDCA- Zyklus ist eine bewährte Methode, um die sicherheitsrelevanten Aspekte am Arbeitsplatz zu analysieren und entsprechende Maßnahmen abzuleiten. Die Vier Perioden umfassen die Planung, die Durchführung, die Überprüfung und das Fortschreiben der Gefährdungsbeurteilung.

Bei der Integration psychischer Belastungen in diesen Prozess ergeben sich folgende Schritte:



1. Plan:
In dieser Phase werden die spezifischen Anforderungen des Unternehmens hinsichtlich psychischer Belastungen ermittelt. Hierzu können beispielsweise Mitarbeiterbefragungen, Arbeitsplatzanalysen und Gespräche mit den Beschäftigten genutzt werden. Ziel ist es, die relevanten Belastungsfaktoren zu identifizieren und in den Fokus der Gefährdungsbeurteilung zu rücken.

2. Do:
Die eigentliche Gefährdungsbeurteilung erfolgt unter Berücksichtigung der ermittelten Belastungsfaktoren. Dabei sollten sowohl die individuellen Voraussetzungen der Beschäftigten als auch die spezifischen Arbeitsbedingungen in den Blick genommen werden. Hierbei kann auf etablierte Instrumente zur Erfassung psychischer Belastungen, wie beispielsweise das COPSOQ-Verfahren, zurückgegriffen werden (COPSOQ = Copenhagen-Psychosocial-Questionaire). Die Ergebnisse der Gefährdungsbeurteilung bilden die Grundlage für die Ableitung von Maßnahmen zur Reduzierung der psychischen Belastungen.

3. Check:
Die Wirksamkeit der ergriffenen Maßnahmen muss in regelmäßigen Abständen überprüft werden. Dies kann beispielsweise durch erneute Befragungen der Beschäftigten oder die Analyse von Krankenstandszahlen erfolgen.

4. Act:
Die kontinuierliche Überprüfung gewährleistet, dass eventuelle Anpassungen oder weitere Maßnahmen zur Verbesserung der psychischen Gesundheit der Beschäftigten ergriffen werden können.

Beispiel Nr. 1:
Für jeden Menschen ist die psychische Belastung resultierend aus der Arbeitsumgebung unterschiedlich stark.

Lärm, Licht, Klima und Gerüche wirken gleich auf die Psyche des einzelnen ein, aber die sich daraus ergebene Belastung ist individuell verschieden.

Um dies vollumfänglich bewerten zu können, ist aktive Beteiligung der Beschäftigten bei der Durchführung der Gefährdungsbeurteilung unerlässlich, dies setzt aber auch eine entsprechende Bereitschaft zur Mitwirkung voraus.

Beispiel Nr. 2:
Veränderungen im privaten Umfeld (Trauerfall, Scheidung etc.) haben unmittelbare Auswirkungen auf den psychischen Zustand der Beteiligten ohne das die persönliche Situation am Arbeitsplatz bekannt ist.

Der zwischenmenschliche Austausch als auch das kontinuierliche Fortschreiben der betrieblichen Gefährdungsbeurteilung „Psyche“ kann Arbeitgeber*innen helfen, die individuellen Leistungsvoraussetzungen der Arbeitnehmer*innen bei der Gestaltung der Arbeitsbedingungen zu berücksichtigen.

Dabei ist zwingend zu beachten, dass es einer ausbalancierten Herangehensweise bedarf, das Spannungsfeld zwischen Persönlichkeitsrechten der Arbeitnehmer und den arbeitssicherheitstechnischen Anforderungen der Gesetzgebung zu wahren und gleichzeitig den erforderlichen Informationsfluss  für die Arbeitssicherheit zu gewährleisten.

Fazit
Der Gesetzgeber nimmt mit der Gemeinsamen Deutschen Arbeitsschutzstrategie (GDA) die gesellschaftlichen Veränderungen auf und integriert somit die individuellen Belange der Arbeitnehmer*innen in den Arbeitsschutz.

Psychische Belastungen können zu schwerwiegenden gesundheitlichen Problemen führen, die das Arbeitsumfeld, die Leistungsfähigkeit, das Unternehmen und die Privatpersonen belasten.

Insgesamt bietet die Auseinandersetzung mit psychischen Belastungen am Arbeitsplatz dem/der Arbeitgeber*in die Chance, sowohl die Mitarbeitergesundheit als auch die Leistungsfähigkeit des Unternehmens zu optimieren und langfristig zu erhalten.

Autor: Nils Bücker, Tomshöfer + Partner


Dieser Artikel ist erschienen im:

Der Gerüstbauer

  • Erscheinungsweise

    6 x pro Jahr

  • Laufzeit

    12 Monate

  • Preis
    inkl. MwSt. zzgl. Versand
    35.70 €