agbau_02.2023

14 Recht diese/r sie auch zur Kenntnis nimmt, bedurfte hier keiner Entscheidung. Ignoriert der/ die Arbeitnehmer*in die neue Information aktiv und erscheint bewusst zum ursprünglich geplanten Dienstbeginn bei der Arbeit, wird jedoch je nach konkretem Einzelfall von einem treuwidrigen Verhalten des/der Arbeitnehmer*in auszugehen sein. Nichterreichbarkeit dient dem Gesundheitsschutz und Persönlichkeitsschutz Das LAG bezieht sich mit seiner Entscheidung auf das durch die Rechtsprechung generierte „Recht auf Nichterreichbarkeit“ in der Freizeit einerseits mit dem Gesundheitsschutz: Verwischen die Grenzen zwischen Arbeits- und Privatleben, kann sich dies auf Dauer auf den Gesundheitszustand auswirken. Die geforderte ständige Erreichbarkeit führt in der Regel zu vermehrtem Termin- und Leistungsdruck, Überforderung und einer Verschlechterung der allgemeinen Arbeitszufriedenheit. Daneben ist auch der Persönlichkeitsschutz zu beachten. Das LAG führte hierzu aus, dass es „zu den vornehmsten Persönlichkeitsrechten [gehöre], dass ein Mensch selbst entscheidet, für wen er/sie in dieser Zeit erreichbar sein will oder nicht“. Rechtslage nach dem Arbeitszeitgesetz Durch die Ausstattung des/der Arbeitnehmer*in mit IT-Arbeitsmitteln wie internetfähigem Smartphone, Notebook und E-MailAccount ist dessen Erreichbarkeit zumindest faktisch rund um die Uhr möglich. Aufgrund des Umstandes, dass das Arbeitszeitgesetz (ArbZG) im Jahr 1994 noch zu einer Zeit ohne Internetnutzung in Kraft trat, unterscheidet das Gesetz nur zwischen Arbeitszeit und Freizeit. Ein ausdrücklich geregelter Schutz vor ständiger Erreichbarkeit existiert auf gesetzlicher Ebene folglich (noch) nicht. Gesetzlich festgelegt ist allerdings die Begrenzung der werktäglichen Arbeitszeit auf maximal acht Stunden (§ 3 S.1 ArbZG). Eine Verlängerung der Arbeitszeit auf bis zu zehn Stunden ist nur dann möglich, wenn innerhalb von sechs Kalendermonaten oder innerhalb von 24 Wochen im Durchschnitt acht Stunden werktäglich nicht überschritten werden. Einhaltung der gesetzlichen Ruhezeit Nach Beendigung der täglichen Arbeitszeit muss außerdem eine ununterbrochene Ruhezeit von mindestens elf Stunden einhalten werden (§ 5 Abs.1 ArbZG). Reagiert der/ die Arbeitnehmer*in also nach Feierabend noch auf eine dienstliche E-Mail oder SMS oder nimmt er/sie einen solchen Anruf entgegen, gilt die Ruhezeit als unterbrochen und beginnt von neuem an zu laufen. Den/ die Arbeitgeber*in trifft die gesetzliche Pflicht dafür zu sorgen, dass die Ruhezeiten seiner/ ihrer Beschäftigten auch tatsächlich eingehalten werden. Zu beachten ist, dass das Arbeitszeitgesetz nur für Arbeiter*innen, Angestellte und Auszubildende gilt. Freiberufler*innen können folglich frei entscheiden, wie lange sie täglich oder wöchentlich arbeiten wollen. Allerdings sind hier andere Regelungen zu berücksichtigen, wie z. B. das berufsgenossenschaftliche Vorschriften- und Regelwerk der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) zur Unterstützung der Unternehmer*innen und Versicherten bei der Wahrnehmung ihrer Pflichten im Bereich Sicherheit und Gesundheit. Um die eigene Gesundheit nicht zu gefährden und Arbeitsunfälle zu vermeiden,

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