GB_04.2024

14 04 / 2024 Besondere Vertragssituation Verkauf von Gerüsten und Treppentürmen an Auftraggeber Regelmäßig kommt es vor, dass Auftraggeber bei Gerüstbauer*innen nicht nur die Montage und Überlassung, sondern den vollständigen Erwerb von Gerüstkonstruktionen anfragen. Um sich in dieser Situation haftungsrechtlich abzusichern, sollten beim Abschluss eines entsprechenden Kaufvertrages und bei der Übergabe des Gerüstes einige Besonderheiten beachtet werden. In der Gerüstbaupraxis treten derartige Kaufsituationen vor allem dann auf, wenn mit langen Standzeiten der Gerüste zu rechnen ist. Egal, ob es um ein Industriegerüst, einen Fußgängertunnel oder einen Fluchttreppenturm geht, Motivation des Auftraggebers bzw. der Auftraggeberin ist es in der Regel, mit dem Kauf eine gegenüber der langwierigen Gebrauchsüberlassung wirtschaftlichere Lösung zu erzielen. Demgegenüber sollte das Interesse der/des Gerüstbauer*in vor allem darin liegen, für die Gerüstkonstruktion nach deren Übergabe nicht länger zu haften. Um im Falle des Verkaufs von Gerüsten nicht einer ausufernden Haftung für nach der Übergabe eintretende Schäden ausgesetzt zu sein, ist es für Gerüstbauer*innen wichtig, diese Haftung so weit wie möglich zu begrenzen. Das kann durch Abschluss eines entsprechend gestalteten Kaufvertrags erreicht werden, der den Kaufgegenstand ausreichend beschreibt und die Pflichten der Vertragsparteien regelt. Abschluss des Kaufvertrages und Übergabe des Kaufgegenstandes führen dann zu einem „Cut“, mit dem die haftungsrechtliche Verantwortung auf den/die Käufer*in übergeht. Was sollte der Kaufvertrag regeln? Zunächst sollte der Kaufvertrag detaillierte Bestimmungen zu den Leistungspflichten von Verkäufer*in und Käufer*in beinhalten, damit deren Verantwortungsbereiche klar umgrenzt sind und hierüber später kein Streit entsteht. Das erfordert zunächst eine möglichst genaue Beschreibung des Kaufgegenstandes, etwa zu Art und Maß der Gerüstkonstruktion, Alter/Zustand des Materials sowie zum Hersteller. Ebenso sollten die Parteien selbstverständlich den Kaufpreis festlegen. Unverzichtbar sind außerdem Regelungen zur Haftung der Vertragsparteien in Bezug auf den vertragsgemäßen Zustand des Kaufgegenstandes und dessen spätere Nutzung. Von besonderer Bedeutung ist hier neben der Gewährleistung, also der Haftung für die Mängelfreiheit der Gerüstkonstruktion, die sogenannte Verkehrssicherungspflicht. Sie betrifft die Pflicht, bestimmte Vorkehrungen zum Schutz anderer bei der Eröffnung bestimmter Gefahrenquellen zu schaffen, was hier bedeutet, für den verkehrssicheren Zustand der Gerüstkonstruktion zu sorgen. Dieser Bereich ist aus rechtlicher Sicht für den/die Gerüstersteller*in besonders brisant, weil nie auszuschließen ist, dass er/sie lange nach Übergabe von Gerüsten für eingetretene Unfälle verantwortlich gemacht wird. Grundsätzlich geht die Verkehrssicherungspflicht für den Kaufgegenstand mit dessen Übereignung auf den/die Käufer*in über. Das gilt jedoch nur dann, wenn sich das Gerüst zu diesem Zeitpunkt in einem sicheren Zustand befindet. Der Kaufvertrag sollte auch aus diesem Grund eine möglichst genaue Beschreibung des Gerüstzustandes und einen Hinweis auf den Übergang der Verkehrssicherungspflicht enthalten. Gewährleistung und Schadenshaftung können in den gesetzlich vorgesehenen Grenzen ausgeschlossen werden, weshalb es sich außerdem empfiehlt, in den Kaufvertrag entsprechende Ausschlussklauseln aufzunehmen. Besonderheit beim Kaufvertrag: Die Vorgaben des Produktsicherheitsgesetzes Eine wichtige Besonderheit, die sich für Gerüstbauer*innen beim Verkauf von Gerüsten gegenüber deren Vermietung ergibt, ist, dass die Vorschriften des Produktsicherheitsgesetzes (ProdSG) zu beachten sind. Diese werden beim typischen Gerüstbauvertrag durch die spezielleren Arbeitsschutzvorschriften verdrängt, erlangen jedoch Bedeutung, wenn es um die Veräußerung von Gerüsten geht. Zu den Anforderungen, die nach dem ProdSG zu erfüllen sind, zählt insbesondere die Pflicht, eine Gebrauchsanleitung nach § 3 Abs. 4 ProdSG mitzuliefern. Diese sollte beispielsweise Angaben zur sicheren Verwendung, Ergänzung oder Instandhaltung des Kaufgegenstandes enthalten. Das kann je nach Einzelfall Informationen zum vorgesehenen Benutzungszweck, der zulässigen Gesamtlast, zum Auswechseln oder Hinzufügen von Teilen sowie zu Wartungs- und Instandhaltungsintervallen umfassen. Ergänzend kann hierbei auf vorhandene Aufbau- und Verwendungsanleitungen der Gerüsthersteller zurückgegriffen werden. RECHT

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